Hartz 4 - Grundsätzliche Probleme

Dazu muss im Vorwege gesagt werden, dass ich nicht gegen Hartz 4 bin. Ein Gesetz, dass die Lebensgrundsicherung regelt, muss es ja geben und - sicher muss auch eine "Mitarbeit des ALG II Empfängers erfolgen. Aber es stellt sich oft die Frage, wie das Gesetz denn von den Jobcentern angewendet wird, und es hat eben auch den Anschein, gemäß internen Richtlinien, von oben.

 

Und wenn ich so sehe, was sich teilweise beim Jobcenter Lübeck so abspielt und ich dann erleben muss, wie der dortige Geschäftsführer regelmäßig in der örtlichen Presse eine Charmeoffensive startet, um der Öffentlichkeit glaubhaft zu machen, dass sie doch alle dort wahnsinnig toll sind, sie nur die Interessen, sicher im Rahmen der Gesetze, ihrer Kunden im Sinn haben, muss ich davon ausgehen, dass die Missstände durchaus auch innerhalb der Behörde bekannt sind, sie geduldet, bzw. sogar angewiesen werden, und man nur, um die Öffentlichkeit zu täuschen, solche Charmeoffensiven startet. 

 

Solche Charmeoffensiven müssen ja einen Grund haben. Keine andere Behörde hält so etwas für notwendig. Man kennt es eigentlich nur von Politkern, vor einer wichtigen Wahl, dass sie einem so den Mund mit Honig zukleistern. 

 

Wohlgemerkt, ich halte ein Hartz IV Gesetz, oder wie man es auch immer nennen will, nicht für falsch. Nur die Auslegung, die anscheinend internen Anweisungen und Vorgaben, verstoßen wohl eindeutig gegen das Grundgesetz.

 

Hier auf der Webseite ist z.B. ein Fall zu lesen, in dem ein Sachbearbeiter mit der kompletten vorläufigen Einstellung der Zahlung drohte, obwohl der ALG II Empfänger kein Fehlverhalten an den Tag gelegt hatte. Selbst eine Gegendrohung einer Anzeige ließ den Sachbearbeiter kalt, was verständlich ist, da ihm sicher bewusst war, dass man ihm rechtlich nicht ans Bein pinkeln kann. Erst als ihm gedroht wurde, es in der Presse öffentlich zu machen, lenkte er ein. Ihm war wohl bewusst, dass er zwar rechtlich alles darf, aber da der ALG II Empfänger sich kein Fehlverhalten geleistet hat, wollte er doch nicht, persönlich dann genannt, in der Presse als derjenige dastehen, der die ALG II Leistung einfach komplett vorläufig eingestellt hat. 


Diese Liste beginnt erst und ist daher im Aufbau. Sie wird sicher noch länger.

Es reicht schon aus, dass bei der zuständigen Behörde eine Rechtsunsicherheit über die Gesetzesauslegung besteht, um den Regelsatz zu kürzen. Dass es sich hier (angeblich) um ein Grundrecht dreht, interessiert dabei nicht, genauso wenig, wie es nicht interessiert, dass eine Klage beim Sozialgericht schnell mal zwei Jahre dauert, und eben solange ein Grundrecht gemäß Grundgesetz einfach mal eingeschränkt wird.

 

Wenn ein Sachbearbeiter bei einem Jobcenter nicht weiß, wie Gesetze anzuwenden sind, wie sie zu interpretieren sind, hat er sich an übergeordneter Stelle zu erkundigen. Im Zweifel bei dem Bundesamt für Soziales, die das Gesetz ausgearbeitet hat und sich ja irgendetwas dabei gedacht haben muss.

 

Es ist nicht die Aufgabe eines Sozialgerichtes darüber zu befinden, was denn nun der Gesetzesgeber sich dabei gedacht hat, als er bei der Abstimmung über das Gesetz den Finger gehoben hat.

 

_____________________________________________________________________________

 

Eine Klage beim Sozialgericht dauert normalerweise rund zwei Jahre. Eine normale Zivilprozessklage dauert, selbst wenn eine wesentlich kompliziertere Beweisführung nötig ist, nur ein Bruchteil dieser Zeit. Ein Strafprozess, wenn es nicht ein sehr komplizierter Fall ist, dauert auch nicht so lange. Da diese Situation schon seit Einführung des Hartz 4 Gesetzes besteht, kann man nur von bewusster Duldung dieser Situation sprechen. Und das bei der Einklagung eines Grundrechtes (Sicherung des Lebensunterhaltes).

 

Wenn aber selbst kleine, völlig unbedeutende Sachbearbeiter einer untergeordneten Behörde, bei Rechtsunsicherheit, sie also ein Gesetz, wegen fehlender Schulung oder/und fehlender geistiger Ressourcen, nicht verstehen, einfach ein Grundrecht einschränken können, hat zumindest das Sozialgericht in einer angemessenen Zeit, was wohl heißen würde, binnen weniger Wochen, da Klärung herbeizuführen. Aber nicht erst nach zwei Jahren.

 

______________________________________________________

 

(Fast) jeder Bürger hat das Recht, sollte er sich von einer Behörde nicht gesetzesgemäß behandelt fühlen, diese - und auch den entsprechenden Mitarbeiter - zu verklagen. Für so etwas gibt es Verwaltungsgerichte. Nur bei allen Dingen, die in den sozialen Bereich fallen und vor dem Sozialgericht zu klären sind, ist dieses nicht möglich. Eine persönliche Verantwortung des entsprechenden Sachbearbeiters, wie es in der Regelung des Status der Beamtinnen und Beamten in den Ländern vorsieht, fällt damit flach. Ein wesentlicher Bestand des Bürgerrechts, nämlich den entsprechenden Beamten zur Verantwortung ziehen zu können, wird damit den Betroffenen entzogen. 

 

______________________________________________________

 

Man gibt viel Geld für Fördermaßnahmen aus, ohne dabei Arbeitsplätze zu schaffen (außer in der eigenen Behörde selbstverständlich).

 

Mit viel Geld versucht man schwer vermittelbare Leute, z.B. welche, die über 50 Jahre alt sind, zu vermitteln. Und wenn man das mal wieder geschafft hat, klopft man sich auf die Schulter und es wird groß in der Tagespresse verkündet: "So und soviel schwer vermittelbare Arbeitslose mit Erfolg vermittelt."

 

Aber was hat man denn wirklich geschafft? Man hat jemandem, durch den Einsatz von richtigen Steuergeldern, einen Job verschafft, den sonst ein anderer bekommen hätte, der nun auch weiterhin ohne Job ist. Der halt z.B. das Pech hatte, noch nicht 50 Jahre alt zu sein und somit nicht förderungswürdig war.

 

Noch einmal. Das Jobcenter schafft keine Jobs. Und so lange weniger Jobs da sind als Jobsuchende, kann ein Mitarbeiter beim Jobcenter nur hoffen, dass sein Arbeitsloser einen Job bekommt, und nicht der Arbeitslose des Kollegen, oder der Kollegin, damit er/sie die Quote erreicht, die vorgegeben ist - und ihm/ihr dafür vom Teamleiter auf die Schulter geklopft wird - und eben nicht dem/der Kollege/Kollegin. 

 

Wenn man das Geld für diese Mühen einsparen würde und stattdessen (z.B.) Straßen sanieren würde, würden im Straßenbau echte Arbeitsplätze geschaffen werden - und man würde etwas für die Infrastruktur tun.

 

Ein Großteil der Aufgaben des Jobcenters besteht darin, die eigene Daseinsberechtigung zu inszenieren. Es ist eine große teure Show, um den Bürger die eigene Wichtigkeit vorzugaukeln.

 

Wenn das Jobcenter einen zu vermittelnden Job hat, soll sie den auch vermitteln und auch den entsprechenden Druck auf Arbeitslose ausüben, der jetzt ausgeübt wird. Ein Arbeitsloser hat sich auf die vorgeschlagene Stelle zu bewerben und sich zu bemühen wieder in Lohn und Brot zu kommen. Wobei es aber schwachsinnig wäre, einem 55 jährigen z.B. eine Stelle aufs Auge zu drucken, bei der er ständig 30 kg Säcke heben und schleppen muss. Was vorkommt.

 

______________________________________________________

 

Da Jobcenter, nur weil es eventuell - die Betonung liegt auf eventuell - eine Überzahlung befürchtet, einfach eine Mitteilung verschicken darf, dass sie die Zahlungen einfach einmal komplett vorläufig einstellt, da man sich eine eventuelle - die Betonung liegt auf eventuelle - Arbeit der Rückforderung des - eventuell - zu viel gezahlten Geldes, durch die präventive vorzeitige Zahlungseinstellung ersparen möchte. 

 

Die Angst der Behörde, eventuell eine Geldrückforderung zu stellen, ist für die Behörde höher zu bewerten, als das Grundrecht auf Sicherung des Lebensunterhaltes. Immerhin kann dann ein ALG II Empfänger eben nicht am 01. seine Miete zahlen, seine Strom- und Gasrechnung, es gibt Ärger mit der Telefongesellschaft - und Essen einkaufen muss dann eben auch so lange eingestellt werden, bis das Geld dann rückwirkend doch ausgezahlt wird. 

 

_____________________________________________________________________________

 

Viele Fallmanager bekommen heutzutage selbst auch nur noch Zeitverträge. Das heißt, haben die Fallmanager nicht den Erfolg bei Ihrer "Kundenbetreuung", der von oben verlangt wird, ist ihr Job selbst in Gefahr und sie sehen sich geistig schon in Zukunft auf dem "Kundenstuhl" beim Jobcenter sitzen. Es ist illusorisch zu glauben, dass der Fallmanager sich um die Belange seines Kunden kümmert, für den die beste Lösung suchen will. Wer selbst auf einem Schleuderstuhl sitzt, tut alles, um auf den Stuhl zu bleiben. Da werden im Zweifel Entscheidungen getroffen, die sinnlos sind, aber erst einmal Punkte in der eigenen Personalakte bringen. Es dreht sich nicht mehr um die Haut des ALG II Empfängers, sondern um die eigene Haut. Ein Zustand, der in einer Behörde nicht vorkommen darf. Beamte, bzw. die, die auf diesem Behördenstuhl sitzen, auch wenn sie nicht verbeamtet sind, dürfen bei ihrer Entscheidung nicht an ihre eigene Existenz denken müssen. Das wäre, als wenn ein Polizist sich um seinen Job sorgen müsste, wenn er nicht genug Strafzettel verteilt hat.

 

_____________________________________________________________________________

 

Laut glaubhaftem Artikel des BZ gibt es für Jobcenterleitungen Prämien, eine Art Jahresbonus, wenn sie eine Sanktionsquote erfüllen. Wer einen Jahresbonus, der bis zu 4.000 € betragen kann, wenn er eine Sanktionsquote erreicht, erwarten kann, wird sich auch bemühen, diese Sanktionsquote zu schaffen. Mit dem Geld kann man einen wirklich wundeschönen Jahresurlaub gestalten.  

 

Eine Behördenleitung darf nur das Interesse haben, Recht und Gesetz einzuhalten, nicht durch ein dienstliches Verhalten, einen persönlichen Vorteil zu bekommen. Wie würden wir es finden, wenn ein Leiter einer Polizeistelle eine Prämie kassieren würde, wenn seine Untergebenen eine gewisse Quote von Verkehrssünder oder angebliche Verkehrssünder überführen würden. Und dann noch diese Streifenpolizisten nur noch Zeitverträge bekommen würden, und, sollte der Chef mit ihnen nicht zufrieden sein, sie um ihren Job fürchten müssten.

 

Es verstößt gegen die elementaren Regeln eines Rechtsstaates, wenn ein leitender Angestellter im öffentlichen Dienst, oder ein leitender Beamter, einen persönlichen Vorteil erhält, wenn er Sanktionen gegen ALG II Empfänger durchsetzen kann, und die Fallmanager um ihren Job fürchten müssten, wenn sie die persönlichen Interessen der Leitung nicht erfüllen.