Wenn der Blick nicht bis über den eigenen Tellerrand reicht

 

Am 8.01.2024 gab es auch in Flensburg Proteste der Bauern gegen die Subventionskürzungen der Regierung in der Landwirtschaft. Aber der Protest ging, wie man sehen kann, noch viel weiter.

 

In der Nähe des Hafens liefen Leute mit Schildern:

Traktoren statt Panzer

Geld für Arbeit, nicht für Waffen.“

 

Und an dessen Seite ein weiteres Schild:

 

Unsere Demokratie funktioniert nicht mehr, ein Systemwechsel muss her.“

 

Fangen wir mit dem zweiten Schild an.

 

Die Frage ist hier doch, wer in der Demokratie versagt. Sicher, die Regierung macht nicht alles richtig, sie macht Fehler, aber vieles, was man ihr ankreidet, ist nicht auf ihren Mist gewachsen.

 

Wer den weitestgehend von Menschen verursachten Klimawandel leugnet, findet es na klar als Schikane oder als angeblich grünen Sozialismus, wenn man den Klimawandel stoppen, bzw., da dafür es schon zu spät ist, ihn zumindest stark verlangsamen will. Und es geht dabei auch um die Zusagen, die vorherige Regierungen bei Weltklimakonferenzen, wie 2015 in Paris, zugesagt haben.

 

Und man kann nicht einfach per demokratischer Abstimmung beschließen, dass es den weitestgehend von Menschen verursachten Klimawandel nicht geben würde. Demokratie hat seine Grenzen. Und demokratisch zu beschließen, der Klimawandel ist uns egal, ist auch nur begrenzt demokratisch, da alle, die zwischen 0 und einen Tag vor dem 18. Geburtstag alt sind, nicht mitbestimmen dürfen. Und ob Eltern noch verantwortungsbewusste Eltern sind, wenn Ihnen es scheißegal ist, wie ihre Kinder in 20 Jahren oder später für eine Lebensgrundlage haben, darüber kann man sich auch streiten.

 

Auf freiwilliger Basis, nach dem Motto: „Lieber Bürger, seid doch bitte vernünftig, und denkt an die Aussage von Albert Camus, dass Freiheit in erster Linie kein Privileg ist, sondern Pflicht, kann man vergessen.“

 

Das scheiterte bereits im März 2020, als die Kanzlerin über das Fernsehen den Bürger um Vernunft bat und Verhaltensvorschläge unterbreitete, die im Grunde jedes Kind bereits von seinen Eltern zu hören bekommt, wenn in der Nähe jemand erkältet ist, schnieft und hustet.

 

Aber der angeblich erwachsene Bürger entpuppte sich zu einem pubertären Trotzkopf, der sich nichts sagen lassen wollte – selbst im Guten nicht.

 

Als einen Monat später verpflichtende Verhaltensmaßnahmen kamen, brüllte man: „Diktatur.“

 

Kommen wir also wieder zum Klimawandel.

 

Auf freiwilliger Basis auf das Auto zu verzichten (dort, wo man es bereits jetzt schon kann), oder zumindest zu fordern, es solle weniger in neue Straßen, sondern mehr in die Bahn und überhaupt in den ÖPV investiert werden, kommt nicht.

 

Auf Verbote reagiert man allergisch.

 

Also könnte man noch die wahren Kosten der Bevölkerung in Rechnung stellen, z.B. durch eine CO₂-Steuer. Der Staat will diese Steuer nutzen, um in Zukunft CO₂ einzusparen, was sinnvoll ist. Aber selbst, wenn jemand glaubt, das wird nicht passieren, hat doch keiner ein Recht darauf, CO₂ freizusetzen, und nur einen Teil der wirklichen Kosten, egal, ob die nun gleich zu berechnen sind, oder erst in der Zukunft, bezahlen zu müssen.

 

Wir haben sowieso nicht genug Geld, das wäre auch kein Argument. Denn wenn es mit dem Klima so weitergeht, dauert es vielleicht noch 20 oder 30 Jahre, und ein Brot wird das Vielfache von dem kosten, was es heutzutage kostet, da Ernteerträge entweder vertrocknen oder vom Regen ertränkt wurden. Und die, die dann leben, werden dann keine Wahl haben. Und selbst wenn sie eine Revolution ausrufen, wird es dadurch nicht ausreichend Brot geben. Außerdem wird der Mangel sich nicht nur auf das Brot beschränken.

 

Soll also die Regierung, nur weil der Bürger seinen Egoismus hinter dem Begriff Freiheit tarnt, populistisch dem Wunsch des Bürgers folgen? Und die AfD befeuerte und befeuert, egal ob Migration, Corona-Pandemie oder Klimawandel, den Wunsch des Bürgers nach Egoismus, nach pubertärem Trotzverhalten.

 

Kommen wir zu dem 2. Plakat, das da lautete:

 

Traktoren statt Panzer

Geld für Arbeit, nicht für Waffen.“

 

Dieses Plakat ist eindeutig auf die Waffenlieferungen auf die Ukraine gemünzt, da ja andere Länder, wie Saudi-Arabien, für ihre Waffen bezahlen.

 

Aber was würde es bedeuten, wenn wir, wenn der Westen, die Ukraine nicht mehr unterstützen?

 

Putin hat noch vor Kurzem, am 14.12.2023, auf seiner jährlichen öffentlichen Fragerunde vor laufenden Kameras und ausgewählten Zuschauern, bei der Fragen gestellt werden durften, die vorher von der Regierung genehmigt wurden, auf die Frage, wie es in der Ukraine weitergehen soll, klar geantwortet, dass die Ziele sich nicht geändert haben und diese auf jeden Fall erreicht werden müssen. Und Putin nannte dann die Ziele:

 

Neutralität der Ukraine

Entnazifizierung der Ukraine

Entmilitarisierung der Ukraine.

 

Über den Einbehalt der annektierten Gebiete sagte er nichts, aber er hat bis jetzt immer klar mitgeteilt, dass die komplett, also auch die Teile, die die Ukraine noch kontrolliert, weiter zu Russland gehören sollen. Davon kann man auch weiterhin ausgehen.

 

Aber was bedeuten die drei Forderungen denn konkret:

 

Neutralität bedeutet, keine Anbindung an die EU oder NATO.

 

Entnazifizierung heißt nichts anderes, als dass die in einer freien demokratischen Wahl gewählte Regierung abzutreten hat, und Russland eine Marionettenregierung, ähnlich wie in Belarus, dort installiert haben will. Eine Regierung, die von Russland abhängig ist.

 

Letztendlich ist auch der Begriff „Neutralität“ eine Farce. Denn ein Land, das eine Marionettenregierung hat, keinen Schutz von der NATO besitzt und kein eigenes Militär haben darf, muss tun, was Russland sagt. Ohne ukrainisches Militär könnte Russland ganz schnell die ganze Ukraine übernehmen, wenn dieses nicht so kuscht, wie Russland will.

 

Aber was bedeutet das für Westeuropa, und damit auch für Deutschland, zumindest wenn man nicht, wie auf dem ersten Schild zu sehen ist, einen Systemwechsel will?

 

(Denn ein Systemwechsel wäre mehr als nur ein Regierungswechsel.)

 

Wenn das System gewechselt werden soll, dann soll die liberale Demokratie gegen ein anderes System ausgewechselt werden. Wer so etwas will, der könnte sich sicher an eine Freundschaft mit Russland gewöhnen. Aber glaubt er wirklich, dass er dann noch, wie in Deutschland, Freiheitsspaziergänge machen kann, wenn ihm etwas an der Regierung nicht passt? Ich glaube nicht.

 

Also, was würde es für uns bedeuten - für uns direkt, wenn Putin es schafft, seine Ziele in der Ukraine durchzusetzen.

 

1. Russland würde nicht nur über sein Getreide die Kontrolle haben, sondern auch über das ukrainische. Somit wird jedes Land, das von dem Getreide abhängig ist, nur noch Getreide bekommen, wenn es im eigenen Land Politik nach Wünschen von Russland und der VRC durchführt. Russland nutzt schon jetzt das Getreide als Waffe.

 

Der sogenannte Westen würde jeglichen Einfluss in Afrika und in anderen Ländern, die von dem Getreide abhängig sind, verlieren. Das hätte auch für uns wirtschaftliche Konsequenzen. Und Regierungen, die mit Diktatoren kuscheln, neigen auch dazu, zuerst an die eigene Person zu denken, dann an das eigene Land (es soll militärisch stark sein, auch gegen Feinde im Innern). Aber sie werden kaum an das eigene Volk denken, an dessen Wohlergehen und daran, was es will. Putin ist da ja durchaus ein gutes Beispiel dafür, genauso wie Xi Jinping.

 

Somit dürften die Flüchtlingszahlen durch den Einfluss von Russland und China eher steigen – zusätzlich zu den steigenden Zahlen von Flüchtlingen, die durch den Klimawandel flüchten müssen – und wohin sollen sie, wenn nicht in den Norden, also zu uns.

 

Wir können dann Europa (oder auch nur Deutschland) einmauern, wie Westberlin es von 1961 bis 1989 gewesen war, wir werden die Flut nicht aufhalten können. (Noch etwas, worüber sich zumindest Eltern von Kindern Gedanken machen sollten, wenn sie den weitestgehend von Menschen verursachten Klimawandel verhöhnen.)

 

2. Russland würde, nachdem es die Kontrolle über die Ukraine gewonnen hat, sein Militär schnell, auch mithilfe der VRC, wieder aufrüsten. Zuerst würde es sich Moldawien, dann Georgien wieder einverleiben, und dann wird es seinen Blick auf die baltischen Staaten wenden. Erst einmal, wie 2014 im Donbass, dort für Unruhe sorgen, und dann, um die russische Bevölkerung angeblich zu beschützen, auch militärisch angreifen.

 

Und wer jetzt behauptet, das ist NATO-Gebiet, das wird nicht passieren, der kann sich schnell irren.

 

Wie lange es die NATO noch mit den USA als Schutzmacht gibt, ist fraglich. Trump hat unmissverständlich klargestellt, dass er die NATO auflösen will, bzw. die USA daraus aussteigen werden, sollte er wieder Präsident der USA werden.

 

Und wie weit Europa sich dann auf einen Krieg wirklich einlassen will oder kann, besonders, sollte die VRC zur gleichen Zeit Taiwan angreifen und von Westeuropa stillhalten (nicht nur mit Sanktionen gegen die VRC, sondern auch bei den Gebietsansprüchen Russlands) fordern, ist fraglich. Auch stellt sich die Frage, wie einheitlich Europa wirklich auftreten wird, um den baltischen Staaten ausreichend zu helfen, den Aggressor wieder aus dem Land zu vertreiben.

 

Es ist keine reine Spekulation, sondern es ist einfach logisch, dass Russland und die VRC sich bei ihren Gebietsansprüchen, mit ihren jeweiligen Aktionen, absprechen werden. Das, was am 24.02.2022 passierte, war sicher nur ein Alleingang von Russland, weil Russland der Ansicht gewesen war, die ganze Sache binnen einer Woche erledigen zu können.

 

Wollen wir auch bei den baltischen Staaten sagen, das geht uns nichts an? Ab wann geht es uns denn was an? Wenn russische Truppen über die Oder kommen? Oder hoffen wir, dass Polen dann für uns die Kastanien aus dem Feuer holt, sodass Russland nicht bis zur Oder kommt?

 

Was ist mit Finnland? Putin hat zwar behauptet, im Gegensatz zur Ukraine gibt es keine Gebietsansprüche gegenüber Finnland, aber das hat Russland vor 2014 auch gegenüber der Ukraine behauptet. Was nicht ganz richtig ist, denn Putin hat schon am 07. April 2008 zu dem US-Präsidenten, G.W. Bush gesagt, dass die Ukraine nicht einmal ein (eigener) Staat sei.

 

Aber es gibt das Budapester Memorandum, in dem 1994 von Russland die Souveränität und die Grenzen der Ukraine garantiert wurden. Beides wurde im Freundschaftsvertrag von 1997 noch einmal bestätigt.

 

Also, welchen Wert hätte die Aussage eines Putins, man hätte keine Gebietsansprüche an Finnland? Die hatte man vor ein paar Jahren auch noch nicht gegenüber der Ukraine.

 

Die Bedrohung wäre also da. Eine Bedrohung, die Westeuropa (und auch Deutschland), ganz besonders, wenn die USA wirklich aus der NATO austreten werden, was in 1 ½ Jahren passieren könnte, finanziell hart treffen würde. Denn es müsste extrem aufrüsten.

 

Wie preiswert sind dagegen Waffenlieferungen an die Ukraine, wenn man dadurch dafür sorgen kann, dass Russland nicht stärker wird und sich nicht direkt an der Grenze zu Ungarn, Polen und Moldawien festsetzen kann?

 

Ganz nebenbei: Jemand, der schon bei Coronamaßnahmen und bei Maßnahmen gegen den Klimawandel Diktatur brüllt und Freiheitsspaziergänge durchführt, sollte vielleicht auch etwas mehr Empathie zeigen, wenn ein Volk so überfallen wird, wie Hitler ab 1939 Länder überfallen hat. So dreckig geht es uns doch nun wirklich nicht. Und es war Putin, der viele Probleme, die wir jetzt haben, verursacht hat. Und es war das schnelle Handeln der jetzigen deutschen Regierung, die dafür gesorgt hat, dass wir im Winter 22/23 nicht frieren mussten. Auch wenn AfD-Prominenz und ihre Fans teilweise aufgerufen haben, weiterhin jeden Tag zu duschen, auch gerne öfter als bisher, um der Bitte der Regierung, Energie zu sparen, entgegenzutreten.

 

Was hätten aber diese Leute bloß geschrien, wenn sie so viel geduscht und die Heizung so aufgedreht hätten, dass das Gas dann wirklich im März 2023, der nach einem zu warmen Januar dann doch relativ kalt gewesen war, uns ausgegangen wäre.

 

Sich die Schuld dann daran, wegen ihres pubertären Verhaltens, dafür zu geben, darauf wären sie sicher nicht gekommen.

 

 

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