Inzwischen hat es mehrerer Dieselgipfel gegeben, und wenn man sich ansieht, was da herausgekommen ist, ist das der wahre politische Skandal bei dem ganzen Thema. Auch die Ergebnisse am letzten Montag sind im Grunde nichts wert – auch wenn die Regierung sich für das Ergebnis selbst bejubelt.
Die, die den Schaden durch Betrug verursacht haben, werden nicht zur Kasse gebeten. Man will aber über Gespräche die Industrie dazu bewegen, freiwillig Kosten zu übernehmen. Anstatt die Täter in die Pflicht zu nehmen, hofft man auf deren Einsicht.
Der Industrie mit der Moral zu kommen hat ja in der Vergangenheit auch immer so wahnsinnig toll geklappt.
Und es zeigt sich auch, dass es der Regierung nicht darum geht, das Volk vor Krankheit und Kosten zu schützen, sondern um in den Städten, die zu stark mit Stickoxid belastet sind, ein Fahrverbot zu vermeiden. Denn ein Fahrverbot wäre „schlecht für das Geschäft“ in den jeweiligen Regionen und würde wohl Stimmen bei der nächsten Wahl kosten.
Nur mit welchen Mitteln?
In den Städten und in deren angrenzenden Landkreisen, in denen die Schadstoffwerte zu hoch sind, sollen Autos entweder durch eine neue Software, eventuell auch durch eine Hardware-Aufbesserung oder durch Umtauschprämien (bei einem Kauf für ein neues Auto) sauberer werden, bzw. durch saubere Autos ersetzt werden.
Der Autobesitzer, das Opfer hier, soll die Kosten nicht tragen, aber so richtig ist auch niemand anderes verpflichtet, sie zu tragen. Man will sich noch einigen, sagt die Regierung.
Prämien bei einem Neukauf werden angeboten. Aber wohl auch nur für Autobesitzer, die in den entsprechenden Städten und den angrenzenden Landkreisen leben. Der Wertverlust alter Dieselautos mit zu hohen Schadstoffwerten außerhalb dieser Gebiete, wenn man seinen Wagen verkaufen will, wird man selbst tragen müssen.
Und wenn man Dieselautos aus dem Verkehr zieht, werden die irgendwo anders hin verkauft. Sicher hilft das dann den Städten, in denen die Werte zu hoch sind, aber global gesehen, ändert sich dadurch kaum was. Und wenn ein Auto lange vor seiner normalen Lebenszeit still gelegt oder abgeschoben wird, und dafür ein neues gebaut wird, werden für den Bau des neuen Autos Ressourcen verbraucht, Schadstoffe entstehen und die Umwelt wird belastet. Nicht unbedingt mit Stickoxiden, aber CO2 und andere Schadstoffe. Das fängt an bei dem Abbau von Eisenerz, geht weiter in die Herstellung des Autobleches, der Herstellung des Motors, der Innenausstattung, und, und und. Und es ist eine kleine Konjunkturspritze für die Autoindustrie, während die Preise für Gebrauchtwagen sicher sinken werden.
Nur, selbst wenn die Hersteller dem Käufer Prämien zahlen, wenn sie einen alten Diesel gegen einen neuen Diesel oder gegen einen Benziner tauschen, bleibt der Käufer doch auf einer erheblichen Nettokaufsumme hängen, die er finanzieren muss, womit viele sicher Schwierigkeiten bekommen werden. Geringverdiener, Normalverdiener, die eine Familie ernähren müssen und Rentner können nicht einfach mal schnell sich einen Kredit besorgen. Und wenn doch, muss der Kredit abgezahlt werden. Tja, dann muss wohl die Familie mal auf einen Urlaub oder andere Freizeitaktivität verzichten. Und das wegen des Betruges der Autoindustrie.
An die Nachrüstung der Hardware an Euro-5 Dieselautos will die Industrie nicht so recht ran, obwohl der ADAC inzwischen bewiesen hat, dass eine erhebliche Reduzierung der Stickstoffoxide erreicht werden kann. Und für die Erstellung eines entsprechenden Katalysators werden sicher weniger Ressourcen verbraucht, als wenn man gleich einen neuen Wagen herstellt.
Auch wenn man immer streiten kann, was ist denn nun gerecht, kann man hier auf jeden Fall sagen, dass es nicht gerecht ist, dass die, die betrogen haben, auf Kosten derjenigen, die betrogen wurden, mit Samthandschuhen angefasst werden.
So ein gleichgültiges Verhalten ist für jede populistische Partei, die, wenn sie an der Macht wäre, auch nicht besser agieren würde (das sieht man in den Ländern, in denen solche Parteien und Politiker an die Macht gekommen sind), ein gefundenes Fressen.
Frau Merkel ist während ihrer ganzen Amtszeit als Bundeskanzlerin immer auf Sicht gefahren, wie sie selbst mal gesagt hat. Sie scheint so einen Politikstil als eine Stärke zu sehen, aber im Grunde heißt es, sie hat keine Politik gestaltet, sondern hat geschaut, woher der Wind weht und hat sich dementsprechend in die entsprechende Richtung gedreht.
Der Dieselskandal zeigt aber, dass spätestens mit dieser Legislaturperiode, aber teilweise auch schon früher, Frau Merkel nicht mehr „auf Sicht“ fährt, sondern blind, mit verbundenen Augen.
Und noch mal auf die Behauptung der Regierung zu kommen, sie würde sich um die Gesundheit der betroffenen Bürger machen.
Seit Jahren weigert sich die Regierung, gegen den hohen Gehalt von Zucker in vielen Lebensmittel und Getränke vorzugehen. Während andere Staaten in Europa durch eine Zuckersteuer schnell Erfolge feiern konnten, da dort der Zuckergehalt von Getränken und Lebensmitteln schnell unter die Grenze, die zu höheren Steuern führt, gesunken ist, will man hier wieder einmal auf die „Freiwilligkeit“ der Lebensmittelindustrie setzen. Wir wissen doch, wie erfolgreich erfolglos solche Appelle sind.
Würde die Regierung sich für die Gesundheit der Bürger interessieren, hätte man nicht so leichtfertig in der EU die Zulassung für Glyphosat erteilt, und sich dabei sogar Vereinbarungen in der deutschen Regierung gebrochen.
Würde die Regierung sich für die Gesundheit der Bürger interessieren, würde man sich intensiver mit dem Thema Mikroplastik interessieren, das inzwischen schon in unsere Nahrungskette gelangt.
Man könnte fast meinen, Frau Merkel fährt nicht einmal mehr blind durch die Weltmeere, sondern sie will zwar die Kapitänsbinde nicht ablegen, versteckt sich aber irgendwo tief im Schiffsrumpf und will gar nicht mehr wissen, wohin das Schiff fährt.
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