Ist der Pluralismus und die Demokratie noch zu retten?

Es gibt immer wieder Untersuchungen und Umfragen, die sich damit beschäftigen, wie weit Demokratie und Pluralismus in unserer Gesellschaft gewünscht werden. Bei jeder Umfrage stimmt eine große Mehrheit für Demokratie und Pluralismus. Allerdings darf das nicht hinwegtäuschen, dass die Zustimmung, auch das sagen die Umfragen eben aus, sinkt.

 

Außerdem ist zu vermuten, dass die wahre Zustimmung sogar niedriger ist als angegeben, denn viele, die meinen für Pluralismus zu sein, machen sich in dem Bereich teilweise selbst etwas vor.

 

Es ist nicht nur die AfD, deren Wähler und deren Mitglieder, und die Pegida oder ähnlichen Organisationen, die ein gestörtes Verhältnis zur Demokratie und zum Pluralismus haben, sondern, die eigene negative Einstellung zu diesen politischen und gesellschaftlichen Normen, ist selbst dort verbreitet, wo man sie, nach eigenen Angaben, verteidigt. Das gilt nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für die anderen Parteien, die neben der AfD im Bundestag sitzen.

 

Kommen wir zuerst zu der Gesellschaft.

 

Es ist geradezu erschreckend, wie sehr, und zwar in alle Richtungen, wirklich gepöbelt und gehetzt werden.

 

Rechts gegen links, links gegen rechts, Liberale gegen Sozialisten, Sozialisten gegen Liberale, Veganer gegen Fleischesser, Fleischesser gegen Veganer.

 

Viele haben gar kein Interesse daran, eine Diskussion zu führen, was eben auch heißen würde, sich mit den Thesen des anderen auseinandersetzen zu müssen. Man hat eine Meinung, und die will man, selbst wenn man keine sachlichen Argumente hat, durchboxen. Und wer eine andere Meinung hat, ist, auch wenn man dessen Meinung nicht widerlegen kann, einfach nur ein Idiot – oder Schlimmeres. Und widerlegte Argumente werden gerne ständig wiederholt.

 

Man ist lieber bereit, die Gesellschaft zu spalten, als von seiner eigenen Meinung abzurücken, um eventuell einen Konsens erzielen zu können. Das hat mit Pluralismus gar nichts mehr zu tun. Und auch mit Demokratie nichts, wenn nur die eigene Meinung zählt, und die „falsche“ Meinung anderer muss, mit allen Mitteln, unterdrückt werden.

 

Verstärkt wird das Bedürfnis, dass nur die eigene Meinung zählt, auch durch das System Internet.

 

Es gib dort in vielen Bereichen Algorithmen, die führen dazu, dass man auch nur noch, oder zumindest verstärkt, die Seiten zu sehen bekommt, für die man mehrmals Interesse gezeigt hat. Lese ich aber nur noch eine Quelle, vertieft sich die Ansicht, die diese Quelle selbst hat, in meinem Kopf. Andere, entgegengesetzte Aussagen, aus anderen Quellen, entgehen mir.

 

Somit fehlen mir die Möglichkeiten, verschiedene Standpunkte zu lesen und selbst abzuwägen. Zwangsweise wird meine Einstellung zu einem Thema polarisiert.

 

Kommen wir zur Politik.

 

Die AfD ist, darüber besteht kein Zweifel, eine populistische Partei. Aber es stellt sich die Frage, wie weit trifft das für die anderen Parteien eigentlich nicht zu?

 

Welche Partei hat einen sachlichen Wahlkampf geführt? Antwort: keine.

 

Es wurden Phrasen gedroschen, bis zum geht nicht mehr. Bzw., wie die CDU, die hat eher durch Stillsitzen und Einlullen Wahlkampf gemacht. Martin Schulz hat während des Wahlkampfes immer neue Themen gesucht, ohne diese sachlich zu begründen, wenn er merkte, das bisherige Thema brachte in der Wählergunst keinen Gewinn.

 

Martin Schulz hätte für alle Freibier versprochen, wenn er geglaubt hätte, das hätte ihn ins Kanzleramt gebracht.

 

Und die Koalitionsverhandlungen (damit meine ich beide Verhandlungen) waren sehr durch Parteieninteressen geprägt. Insbesondere bei der CSU, die bei dem Verhandlungsergebnis etwas für die Landtagswahl in Bayern vorweisen wollte.

 

Man hatte das Gefühl, dass es mehr um Parteieninteressen, oder noch schlimmer, um Postengeschacher ging, als um das Wohl des Landes. Martin Schulz war da nicht der Einzige, hat sich aber, im negativen Sinne, besonders hervorgetan.

 

Machen wir uns nichts vor. Die GroKo musste kommen, sie war, um mit Frau Merkel zu sprechen, alternativlos. Zumindest, nach dem die erste Verhandlung (Jamaika) gescheitert war.

 

Wäre keine GroKo zustande gekommen, und es hätte Neuwahlen gegeben, hätte die AfD diese Schmierenkomödie, die es in beiden Verhandlungsrunden gegeben hat, in einem Wahlkampf regelrecht ausgekostet, bis zum Erbrechen.

 

Und, eine Minderheitsregierung, in der prekären Situation, in der sich Europa und die ganze Welt befinden, wäre kaum in der Lage gewesen, schnell, ohne lange Verhandlungen, zu reagieren.

 

Aber, so wie es aussieht, was die Verhandlungen zu dieser GroKo und die ersten Arbeitstage derselben gezeigt haben, ist eine Einsicht, auf eine, nennen wir es moralische Erneuerung, nicht in Sicht, was den Verdruss auf die Regierung und den etablieren Parteien nur vergrößern wird.

 

Und was soll bei der nächsten Wahl herauskommen, wenn die Randgruppen in der Parteienlandschaft, durch den allgemeinen Frust, gestärkt werden. Selbst eine GroKo müsste dann wohl aus drei Parteien bestehen, um überhaupt eine Regierung bilden zu können.

 

Kommen wir zu Wahlen.

 

Wer wird in Zukunft überhaupt bestimmen, wen wir wählen. Werden wir es sein - oder Facebook und/oder solche Organisationen, wie Cambridge Analytica.

 

Haben wir überhaupt noch die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, oder wird, ohne dass wir es merken, uns eine bezahlte Meinung eingeflüstert.

 

Donald Trump hat nur knapp gewonnen. An Wählerstimmen hatte sogar Hillary Clinton mehr. Die Entscheidung was wirklich knapp.

 

Selbst wenn die Beeinflussung aus Russland wirklich nicht bedeutend gewesen sein sollte, und selbst wenn die im großen Stil durchgeführte Manipulation durch Cambridge Analytica keine erhebliche Veränderung der Stimmenverteilung provoziert hat, können doch diese Beeinflussungen genau das Zünglein an der Waage gewesen sein, das Trump zum Präsidenten gemacht hat.

 

Das Gleiche gilt beim Brexit. Der Ausgang war knapp, er wurde von Russland beeinflusst, von Breitbart-London und von Cambridge Analytica. Und alle diese Beeinflussungen waren für den Brexit. Außerdem haben die größten britischen Brexitpropagandisten, Farage und Johnson, gelogen, dass sich die Balken bogen, um dem Brexit eine Mehrheit zu verschaffen.

 

Und trotz dieser Bemühungen war das Ergebnis knapp.

 

Da stellt sich die Frage, müssten wir uns mit dem Brexit, mit der Spaltung Europas, überhaupt herumschlagen, wenn es diese Manipulationen nicht gegeben hätte?

 

Man kann wohl davon ausgehen, wahrscheinlich nicht.

 

Wenn aber ein Ergebnis einer Wahl nur noch darauf beruht, wie weit man den Wähler, teilweise eben sogar ohne dass er es merkt, manipuliert hat, und wenn er es eben nicht einmal merken kann, er nicht einmal den Hauch einer Chance hat, sich dagegen zu wappnen, -

 

- dann ist die Demokratie verloren, denn sie hat dann keine Chance mehr.

 

Dann wird derjenige gewinnen, der solchen Firmen wie Cambridge Analytica am meisten bezahlt, und seine Interessen werden dann vertreten.

 

 

Die Büchse der Pandora, zur Vernichtung der Demokratie, ist geöffnet. Und niemand weiß, wie man sie wieder schließen kann.

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