Wir brauchen einen „New Deal“
Es ist erschreckend, was da alles von den Parteien im jetzigen Wahlkampf, für die Zeit nach der Bundestagswahl, an Wahlgeschenken versprochen wird, wenn denn nur die Richtigen gewählt werden.
Da kann man sich, egal, in welche politische Richtung man schaut, nur die Haare raufen.
Nichts, aber auch gar nichts bringt eine bessere Zukunft. Und selbst wenn denn die Gewählten das einhalten würde, was sie jetzt versprechen, sollten sie denn an die Macht kommen oder an der Macht bleiben, hilft uns das überhaupt nicht weiter. Es löst nicht die Probleme unseres Landes.
Dieses Land lebt von der Substanz. Und anstatt daran etwas zu ändern, wurde z.B. von dieser Regierung ein Kuhhandel, um den Koalitionsfrieden zu wahren (Praxisgebühr gegen Betreuungsgeld), durchgezogen. Ein Kuhhandel der viel Geld kostet. Geld, das man nicht hat und was an anderer Stelle viel nötiger gebraucht werden würde. Und an diesem System wird sich auch in Zukunft, egal wer nach dem 22. September 2013 an der Regierung sein wird, nichts ändern.
Dabei kann man nicht einmal sagen, man hätte ja so viele Steuern eingenommen, wie noch nie, und daher kann man die Kosten des Kuhhandels auch ohne Probleme auffangen. Wir haben zwar mehr Steuereinnahmen als je zuvor, aber die wichtigen Probleme dieses Landes werden, da angeblich das notwendige Geld fehlt, nicht in Angriff genommen.
Wir brauchen ganz klar einen „New Deal“, und das im Grunde nicht einmal nur für Deutschland, sondern für ganz Europa.
Wie schon geschrieben, wir leben von der Substanz. Sparen wir an der
Infrastruktur, werden wir in ein paar Jahren noch mehr globale Wettbewerbsfähigkeit verlieren, als wir jetzt schon verloren haben. Und wir haben Wettbewerbsfähigkeit verloren, auch wenn man das
in den nackten Exportzahlen noch nicht so deutlich erkennen kann.
Wenn Schleswig-Holstein z.B. jedes Jahr nur 20-25 % der Ausgaben für Straßensanierung aufwendet, wie eigentlich notwendig wären, heißt das, dass diese Infrastruktur jedes Jahr schlechter wird.
Begründung für dieses Manko: „Wir haben kein Geld.“ Und in den anderen Bundesländern sieht es nicht besser aus.
Wenn der Bund aus Kostengründen den Nordostseekanal, die meistbefahrene
künstliche Wasserstraße der Welt, seit Jahrzehnten auf Verschleiß fährt, sodass er heutzutage schon ab und zu für größere Schiffe gesperrt werden muss, weil die entsprechenden Schleusentore
einfach nicht mehr funktionieren, andere Schifffahrtswege nicht ausgebaut werden, obwohl die Schiffe größer geworden sind, vernachlässigen wir die Infrastruktur, die dieses Land wirtschaftlich am
Leben erhält. Und bei den Bundesländern, die keinen Nordostseekanal haben, hakt es bei anderen Dingen.
Wie wollen wir wettbewerbsfähig bleiben, wenn wir bald, als regionale und überregionale Verbindungswege, Feldwege, wie im tiefsten Mittelalter, haben (mal überspitzt zu Papier gebracht).
In Lübeck drohte das Gesundheitsamt dieses Jahr bereits damit, eine Schule dichtzumachen, da die Sanitäranlagen noch im Originalzustand aus der Entstehungszeit der Schule (vor ca. 50 Jahren)
waren, und somit auch in einem entsprechenden schlechten Zustand. Die Sanitäranlagen waren dort schon so alt, da hätte wohl schon fast das Amt für Denkmalschutz einen Bestandsschutz anmelden
können. Und so sieht es in vielen Schulen aus, die in den goldenen 50ern und 60ern des letzten Jahrhunderts gebaut wurden. Urin und andere Abwässer, die durch Risse in Rohren und Dichtungen unter
die Fliesen ins Mauerwerk gedrungen sind, erzeugen Raumgerüche, die fast nur noch mit Luft anhalten, bevor man den Raum betritt, zu ertragen sind.
Eine andere Schule in Lübeck, auch aus den 60ern des letzten Jahrhunderts, musste teilweise geschlossen werden, da die Decken in einigen Klassenzimmern, stückweise der Schwerkraft folgten, und
kein Geld da ist, die Decken entsprechend zu sanieren.
Es gibt immer noch Schulen, da ist man froh, dass sie ein oder zwei
Internetanschlüsse haben. In Singapur hat jeder Schüler an seinem Klassen-Sitzplatz einen Internetanschluss.
In Berlin soll die Leistungsfähigkeit des S-Bahn-Netzes auf dem Stand von 1947 zurückgefallen sein (angeblich).
Im ganzen Land müssen Brücken. Straßen, künstliche Schifffahrtswege, Schienen, Schulen, Universitäten und vieles Andere auf einen ordentlichen Stand erhalten bleiben, bzw. immer auf den neusten Stand verbessert werden, um auch in Zukunft den Hauch einer Chance zu haben, dass wir global wettbewerbsfähig bleiben.
Je nach Auslegung soll der Investitionsstau in Deutschland, alleine seit 1999, zwischen 500 und 1.000 Milliarden Euro betragen. Grob gesehen also zwischen 35- 70 Milliarden Euro pro Jahr.
Wir mögen uns die notwendigen Investitionen nur schwer leisten können, aber es ist Fakt, dass wir es uns überhaupt nicht leisten können, sie nicht durchzuführen.
Und erst recht brauchen wir keine großen, teilweise über Jahre geführten Streitereien über Betreuungsgelder und Praxisgebühren, wenn es an den wirtschaftlichen Grundfundamenten dieses Landes regelrecht brennt und es dann nur heißt, es sei kein Geld da, und man müsse eben sich auf das absolut Notwendige beschränken.
Wo landen wir, wenn wir das wirklich so weiter durchziehen? Eine rein rhetorische Frage, da die Antwort jeder kennen müsste. Wir verlieren unsere Wettbewerbsfähigkeit, unseren gesellschaftlichen Wohlstand – es wird uns dreckig gehen, (fast) allen.
Wir brauchen keine konservativen, keine sozialen, keine linken, keine
neoliberalen Politiker, die alle nur ihre Klientel im Kopf haben und entsprechende Wahlversprechen abgeben.
Wir brauchen Politiker, die den Mut haben, einen "New Deal" einzuleiten. Einen „New Deal“ für Deutschland und darum kämpfen, dass auch für Europa ein „New Deal“ eingeleitet wird. Und dazu
brauchen wir Verantwortliche in Politik, Wirtschaft, Gewerkschaft und anderen wichtigen gesellschaftlichen Stützen, die uneigennützig an dem Ziel arbeiten.
Aber solche Politiker hat zurzeit keine Partei - nicht annähernd. Und wenn da eine oder einer doch auftauchte, die/der das Potenzial hatte, hat man ihm den Kopf abgehauen, sobald sie/er diesen
etwas aus der grauen Masse herausgeschoben hatte.
CDU/CSU, SPD, FDP, Bündnis Grüne, Die Linke, Piraten, AfD und was da sonst noch auf der Wahlversprecher-Party herumtanzt, wollen regieren. Aber letztendlich mehr zum Selbstzweck und Selbstdarstellung, als wirklich die Probleme des Landes anzupacken.
Es ist egal, wer nach dem 22. September regieren wird. Es spielt wirklich keine Rolle.
Und auch andere gesellschaftliche Stützen, wie z.B. viele Verantwortliche in der Wirtschaft, sind heutzutage nicht in der Lage zu kapieren, dass nachhaltiger Wohlstand in der Gesellschaft auch für sie wichtiger ist, als kurzfristiger Gewinn. Wer nur an kurzfristige Gewinnsteigerung denkt, und nicht an einen gesellschaftlichen Konsens, zerstört langfristig auch die Zukunft der Firma, für die er heute die Verantwortung trägt.
Und auch eine Finanzierung für einen „New Deal“ wäre sicher möglich. Ohne Steuererhöhung, ohne Einschränkung anderer Leistungen. Man muss es nur wollen.
Es gibt Beispiele:
Im letzten Jahresbericht hat der Bundesrechnungshof Subventionen in Höhe von 25 Milliarden Euro gerügt, die heutzutage überflüssig sind, nicht mehr zeitgemäß. Nach allgemeiner Auffassung hält der Staat es nur nicht für nötig, sich einmal daran zu machen, und diese Frage anzupacken.
Allgemein schätzt man, dass die Schwarzarbeit in Deutschland dieses Jahr einen Umfang von ca. 340 Milliarden Euro haben wird. Das sind ungefähr 13% der gesamten Wirtschaftsleistung dieses Landes. Fast jeder siebte Euro wird somit am Finanzamt vorbei geschleust. Der direkte Steuerverlust dürfte somit ca. 100 Milliarden Euro im Jahr betragen. Sicher, in Italien und Griechenland schätzt man die Schattenwirtschaft auf 20-25 % der Wirtschaftsleistung. Aber wenn man bedenkt, in welch schlechter Verfassung die staatlichen Organisationen dort sein sollen, oder umgedreht betrachtet, wie toll doch unser Staat angeblich durchorganisiert ist, ist eine Schattenwirtschaft von 13% der Gesamtwirtschaftsleistung erschreckend.
Der Bundesrechnungshof kritisiert jedes Jahr auch eine Steuerverschwendung durch die öffentliche Hand von runden 100 Milliarden Euro.
Selbst wenn die 25 Milliarden Euro überflüssiger Subventionen in diesem 100 Milliarden Steuerverschwendungen schon enthalten sein sollten, kämen wir mit der Schwarzarbeit auf 200 Milliarden Euro pro Jahr, die dem Fiskus entweder entgehen oder verschwenderisch ausgegeben werden. Wohlgemerkt - jedes Jahr.
Das sind rund 1/3 der gesamten heutigen Steuereinnahmen, die bei knapp über 600 Milliarden Euro pro Jahr liegen.
Ein Drittel der Steuereinnahmen. – Kann das jeder sich einmal in aller Ruhe auf der Zunge zergehen lassen.
Selbst wenn man von diesen 200 Milliarden Euro nur 25% abgreifen könnte, wären das 50 Milliarden Euro pro Jahr für Infrastrukturmaßnahmen.
Und wenn der Staat es geschickt anstellen würde, die Aufträge, z.B. für die Sanierung von Schulen, nicht an Generalauftragnehmer vergeben würde, sondern die Bauleitung selbst übernehmen würde, dann könnte man Einzellose für Fenster, Heizung, Mauerarbeiten, Dach usw. vergeben und damit Lose schaffen, die klein genug wären, um sie nicht europaweit ausschreiben zu müssen. Das würde Arbeitsplätze im eigenen Land schaffen. Auch die Sozialkassen würden somit entlastet werden. Außerdem würde mehr Lohnsteuer anfallen und auch die MWST für die Aufträge würden wieder zurück in die staatlichen Kassen fließen
Ist dieser Staat denn wirklich nicht in der Lage, die Summe von entgehenden Steuern, bzw. die Summe der Verschwendung um 25% zu senken?
Uns fehlt nicht das Geld. Uns fehlt der Wille es besser zu machen. Und selbst wenn der Staat eine Milliarde Euro nur dafür ausgeben würde, um die Steuerfahndung und den Zoll, oder wer sonst noch gegen Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit fahnden muss, besser auszustatten, würden bei einer Quote von 25% Erfolg immer noch 49 Milliarden netto in der Kasse mehr hineinkommen.
Wir könnten, wenn wir denn wirklich die Probleme wirklich anpacken wollten.
Heinrich Heine war voller Sehnsucht an die Heimat, als er in einer Nacht an
Deutschland dachte. Heutzutage wäre es wohl Verzweiflung, die ihm, sollte er heute an Deutschland denken, den Schlaf rauben würde.
Eine entsprechende Wende der Prioritäten ist alternativlos.
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