Freies Internet für freie Bürger

Es ist schon faszinierend, wie oft und wie laut dieser Schlachtruf durch das Internet geistert.

Wir wollen kein China, kein Russland, kein Nordkorea. Wir wollen frei sein, ohne Überwachung im Internet.

 

Wissen die Leute, die so etwas fordern, überhaupt, was sie da fordern?

 

Das Internet ist schon lange keine simple Informationsplattform, schon lange keine fiktive, virtuelle Welt mehr. Das Internet ist eine reale Welt und muss genauso überwacht werden, wie die Welt aus Materie – allerdings, abgestimmt auf die neue Technik.

 

Im Gegensatz zu der materiellen Welt kann man sich im Internet wunderbar verstecken. Es gibt inzwischen Plattformen, in der sich der Benutzer bewusst von Beobachtern absperren kann, er sich also auch dem rechtsstaatlichen Auge entziehen kann.

 

Wollen wir das wirklich?

 

Wollen wir wirklich im Internet Plattformen zulassen, in denen z.B. Pädophile ungestört, vom Rechtsstaat unbehelligt, ihre Videos austauschen können? Ja ich weiß, die, die für ein freies Internet sind nennen genau diese Frage eine „populistische Behauptung der Befürworter eines Überwachungsstaates.“

 

Aber auch in der materiellen Welt darf man nicht alles. Auch da wird überwacht. Wer falsch parkt, riskiert ein Strafzettel. Wer die Straßenverkehrsordnung nicht einhält und zu schnell fährt, muss damit rechnet werden, geblitzt zu werden.

 

Auch im Internet muss so eine Rechtsstaatlichkeit gewährleistet werden. Und – sollte das Internet, rein technisch die Möglichkeit bieten, sich vor solchen Überwachungen zu verstecken, muss der Rechtsstaat sich dagegen wehren.

        

Das Internet ist wie die Büchse der Pandora, die außer Hoffnung, alle Übel der Welt enthält. Öffnet man sie, bekommt man eben nicht nur das Gute. Werden Plattformen erlaubt, die den Mitgliedern so einer Plattform erlauben, sich total dem „Auge des Gesetzes“ zu entziehen, sodass nicht einmal mehr, wie in der materiellen Welt, eine „Hausdurchsuchung“ möglich wäre, wird die Rechtsstaatlichkeit ausgehebelt. Alleine in Deutschland sollen runde 300.000 Kinder jedes Jahr missbraucht werden. Nun kann man beruhigend sagen, dass nicht jeder Missbrauch als Video ins Internet kommt, aber viele Pädophile stellen ihre „Taten“ ins Internet. Immer wieder gelingt es der Polizei, einen solchen Kreis auszuheben. Dürfen wir zulassen, dass dieses in Zukunft nicht mehr möglich ist? Dürfen wir zulassen, dass es für solche Verbrechen es in Zukunft ein 100% sicheres Bankschließfach gibt, wo niemand mehr kontrollieren kann, was dort liegt, was dort verteilt wird?

 

Niemand will einen Überwachungsstaat. Aber wenn der Staat nicht mehr seine rechtsstaatliche Überwachung durchführen kann, bekommen wir einen „Wilden Westen“ des 21. Jahrhunderts. Einen „Wilden Westen“, in dem es zwar Gesetze gibt, aber niemand sie achten muss, weil niemand kontrollieren kann, ob die Gesetze auch eingehalten werden. Nur wenn man menschenunwürdiges Verhalten von Anfang an unterbindet, zwingt man den Staat nicht dazu, die Menschenrechte, in Form der Privatsphäre, zu brechen.

 

Wir wollen nicht, dass unsere Polizisten schwer bewaffnet durch die Straßen laufen. Wollen wir, dass das so bleibt, dürfen wir auch, in Sachen Waffen, nicht alles erlauben was möglich ist. So wie es etwa in den USA geschieht.

 

Mit dem Internet ist es nicht anders.

 

Das Internet ist schon langen keine virtuelle Welt mehr. Sie ist real. So real wie unsere wirkliche Welt. Wer im Internet Plattformen zulässt und benutzt, die sich eindeutig der rechtlichen Kontrolle entziehen, tut dieses in der wirklichen – der materiellen Welt nur nicht, weil dort die Gefahr besteht, dass der Rechtsstaat in erwischt.

 

Im Zweifel müssen solche Plattformen verboten werden. Ansonsten wäre der Staat doch dazu gezwungen, alle technischen Möglichkeiten zu nutzen, um solche „sicheren Plattformen“ doch zu knacken. Wenn wir keinen „Polizeistaat“ im Internet wünschen, müssen schon vorher Grenzen gesetzt werden. Der Staat hat eine Schutzfunktion gegenüber dem Bürger. Und die Schutzfunktion muss gewahrt werden. Wer für sein Menschenrecht, eine Privatsphäre zu haben, in Kauf nimmt, dass auch Pädophile ihre Privatsphäre im Internet haben, verwirkt sein Recht auf Privatsphäre.

 

Nur ein öffentliches Internet kann ein freies Internet sein.

 

Und es ist ein Unterschied, ob Plattformen verboten werden, die sich eindeutig dem Rechtsstaat entziehen, oder Plattformen, regimekritisch sind, und nur deshalb verboten werden.

 

Hat man Angst, dass der Staat in Sachen Internetüberwachung zu weit geht, muss auch die Arbeit des Staates, durch Datenschutzbeauftragte, erhöht werden.

 

Aber ein rechtloses Internet, in dem Pädophile ihre Videos verteilen können, ohne Angst vor dem Staat haben zu müssen, will ich nicht.

 

Ein wirklich freies Internet würde Anarchie bedeuten. Eine Anarchie in der realen Welt. Denn das Internet ist schon lange keine virtuelle Welt mehr.

 

 

Auszug aus ihrem Kriminalroman: Glasdjävulen ( Der Glasteufel)

 

Autorin: Helene Tursten.

 

 

Christian tippte auf seine Computertastatur vor sich und plötzlich änderte der Monitor sein Bild.

 

(Kriminalinspektorin) Irene fühlte wie Übelkeit in ihr hoch stieg. Sie sahen einen erwachsenen Mann, der von hinten in ein kleines Mädchen, das auf allen Vieren gestützt hockte, eindrang. Natürlich zeigte der Mann nicht sein Gesicht. Das Mädchen war so sieben oder acht Jahre alt. Das Mädchen war starr, bewegungslos, wie ein Tier auf der Schlachtbank. Nur die Stoßbewegungen des Mannes brachten den Mädchenkörper in Bewegung. Langsam drehte das Mädchen ihr Gesicht und schaute direkt in die Kamera.

 

Das Angesicht traft (Kriminalinspektorin) Irene wie ein Schlag mit einem Hammer. Sie fühlte, dass ihr Atem stocke, sie bekam keine Luft mehr.

 

Auch wenn es nur ein Roman ist, sollte jeder wissen, dass die schwedische Autorin Helene Tursten, genauso wie ihre schwedische Kollegin Liza Marklund, dafür bekannt sind, tatsächliche Probleme der Gesellschaft, sei es Pädophilie, Vergewaltigung, Gewalt in der Familie, betrügerische Finanzgeschäfte, Schmuggel im großen Stil, Menschenhandel, usw., in ihren Büchern zu verarbeiten und sich dabei durchaus auch von der Polizei beraten lassen.

 

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