Das Urheberrecht und die deutsche Diskussionskultur

Letztes Wochenende bin ich bei Google+ ziemlich hart mit Leuten zusammengeraten, die gegen das deutsche Urheberrecht wettern.

 

Auch wenn selbst ich einiges dort übertrieben halte, finde ich es im Grunde schon richtig, dass es so – zumindest in den wichtigen Punkten – besteht.

 

Das habe ich am Sonntag mit dem Text:

 

Und wenn ich ehrlich bin, verstehe ich die ganze Problematik auch nicht so richtig. Eigentlich müsste doch jeder in diesem Lande inzwischen mitbekommen haben, dass es ein rechtliches Risiko ist, fremde Bilder hochzuladen und zu veröffentlichen. Jeder Blogger und jeder Kleinunternehmer sollte doch in der Lage sein, mit einer billigen Digitalkamera, die gibt es schon für unter 100 €, selbst Fotos zu schießen und sie dann zu verwerten. Mit ein bisschen Fantasie kann man immer, zu einem Thema auch selbst ein passendes Foto erstellen.

 

kundgetan.

 

Dabei drehte es sich um das Thema, das Blogger sich beschwerten, dass, wenn sie fremde Texte und (das war hier das Hauptthema) fremde Fotos in ihren Blogs hochladen, vor Abmahnungen nicht sicher sind.

 

Daraufhin wurde dann festgestellt, dass Leute - so wie ich – die im Grundsatz nichts gegen das Urheberrecht haben, ja es sogar für sinnvoll halten, vom Internet schlichtweg nichts verstehen.

 

Ich bin über bin immer wieder fasziniert, wenn ich so viel Überheblichkeit erlebe. Ist jemand einer anderen Meinung, ist er schlichtweg doof, kapiert einfach die Zusammenhänge nicht.

 

Um noch einmal klarzustellen, wie schlau und geistig überlegen man doch selbst ist, und wie dumm diejenigen, die das Internet einfach nicht verstehen und daher nicht gegen das Urheberrecht sind, wurde sogar eine neue Diskussionsrunde eröffnet und um die Dummheit von meinesgleichen zu demonstrieren, mein, bereits oben genannter Text, dort wortwörtlich hineingesetzt. Allerdings mit der Bemerkung, dass er aus einem Beitrag eines Anwaltes stammt, der Werbung für seine Kanzlei machen will.

 

Ich bin kein Anwalt und habe auch keine Anwaltskanzlei. Gerade so ein Missbrauch von „fremdem geistigem Eigentums“ zeigt auf, wie wichtig das Urheberrecht ist.

 

Erst nach scharfer Kritik sah man sich dazu bereit, in dem Eröffnungsbeitrag, darauf hinzuweisen, dass der Beitrag von mir stammt. Als Entschuldigung dafür, dass man meinen Beitrag missbrauchte, ohne mich zu fragen, ob ich überhaupt damit einverstanden bin und ohne auf den wahren Verfasser hinzuweisen, zeigt man auf, ich erlaube mal, hier zu zitieren:

 

Ich habe den Text extra anonym gelassen um Sie vor einem Shitstorm zu schützen. Weil Sie stehen mit Ihrer Meinung recht einsam da.“

 

Was für eine Arroganz, was für eine Überheblichkeit. Da missbraucht einer meinen Text und unterschlägt den Verfasser, weil er diesen angeblich schützen soll.

 

Dazu gibt es zwei Antworten.

 

  1. Mit der Begründung ihre Frauen beschützen zu wollen, wird gerade in der orientalischen Welt der Frau die Gleichberechtigung versagt, da doch der Mann viel besser weiß was für die Frau gut ist. Wie viel Überheblichkeit ist notwendig, um einem Menschen das Recht abzusprechen, selbst zu entscheiden, ob er beschützt werden will oder nicht. Ein Schnösel, der nicht nur über meinen Text bestimmen will, sondern auch über seinen Beschützerstatus mir gegenüber, ohne mich zu fragen, nimmt mir das Recht, nicht nur über die Verbreitung meines Textes selbst zu entscheiden, sondern er nimmt mir auch das Recht, über mich selbst zu entscheiden.

  2. Sollte man alle auslachen, die bei ihrer Doktorarbeit mit fremden Texten geschummelt haben und den wahren Verfasser nicht genannt haben. Sie hätten sich schlichtweg mit der Aussage, sie wollten den Verfasser nur vor einem Shitstorm schützen und haben ihn daher nicht genannt.

 

Alleine dieses Verhalten zeigt auf, wie wichtig ein Urheberrecht in Deutschland ist. Viele von denen, die das Urheberrecht aushebeln wollen, ist es eben nicht nur schlichtweg egal, ob sie fremde Texte einfach für ihre Interessen verwenden, sondern ihnen ist auch der Verfasser, dessen Rechte auf seinen Text und seine Rechte auf die Entscheidung über seine eigene Person, einschränken.

 

Wohlgemerkt, auch die Rechte übe seine eigene Person. Nämlich wenn sich jemand als Beschützer aufspielt, ohne dass er gefragt hat, ob dieses überhaupt gewünscht wird, schränkt er die Rechte des angeblich zu Beschützenden ein.

 

Nicht zu vergessen, dass es eine Beleidigung ist, einfach zu behaupten, dass solche Leute „das Internet einfach nicht verstehen.“

 

Auch diese Aussage zeigt auf, dass eine Diskussion über das Urheberrecht gar nicht erst angefacht werden dürfte. Es sollte schlichtweg verboten werden.

 

Und nun müsste ein Aufschrei kommen. Von wegen, das zu verbieten, verstößt gegen die Meinungsfreiheit gemäß Grundgesetz.

 

Sicher verstößt es gegen die Meinungsfreiheit gemäß Grundgesetz. Aber mal ehrlich – ist es eine Diskussion, wenn die eine Seite, als Argument bringt, dass die Andersdenkenden das Internet nicht verstehen? Sie schlichtweg zu dumm dafür sind? Keine Ahnung haben, blöd, usw.

 

Man wies darauf hin, dass das Internet heutzutage ganz neue Möglichkeiten bietet, die im Urheberrecht noch nicht berücksichtigt sind.

 

Es wurde in der Diskussion deshalb gestern als Argument gebracht, dass das Urheberrecht sich ändern muss, in dem man bemerkte, dass ja auch die Straßenverkehrsordnung nicht mehr auf Pferdekutschen ausgelegt ist, sondern auf Autos.

 

Ein wahres Wort – bravo. Aber gerade die Straßenverkehrsordnung wurde eben nicht den neuen Techniken insoweit angepasst, dass alles erlaubt ist, was technisch möglich ist, so wie man es ja im Internet, mit dem Hinweis auf die veränderte Straßenverkehrsordnung, fordert.

 

Gerade die Straßenverkehrsordnung wurde in so weit der neuen Technik des Autos angepasst, dass es z. B. Geschwindigkeitsbegrenzungen gibt, was bei Pferdekutschen noch nicht notwendig war.

 

Wenn man die Straßenverkehrsordnung als Begründung ansetzt, müsste das Urheberrecht nicht verwässert werden, sondern sogar noch verschärft.

 

Meinesgleichen bezeichnet man als dumm, aber selbst kann man nicht einmal vernünftige Argumente bringen.

 

Weiter wurde argumentiert, dass das Internet – was unsereins angeblich nicht kapiert – eine Plattform für Informationsaustausch ist. Es ist „ein Nehmen und Geben.“

 

Um eines klarzustellen, ich habe kapiert, dass das Internet eine Informationsplattform ist. Mir zu unterstellen, ich tue es nicht, nur weil ich für ein Urheberrecht bin, zeigt, dass eine Diskussion über das Thema in Deutschland nicht führbar ist. Nur wenn ich einen Text oder einem Foto ins Internet stelle, heißt es, dass ich den Leuten die Möglichkeit gebe, sich darüber zu informieren. Ich gebe es. Das heißt aber nicht, dass jemand sich das Foto herunterladen darf, um es z.B. in seinem Blog weiterzugeben. Dabei spielt es keine Rolle, ob mit dem Hinweis, dass es mein Foto ist oder nicht.

 

Es gibt im Internet viele Blogs, viele Webseiten. Auch unseriöse. Ich möchte nicht, dass eins von meinen Fotos in irgendwelchen fremden Webseiten auftauchen, deren Inhalt entweder schlichtweg unseriös ist oder zumindest nicht meinem Gedankengut entsprechen. Ich möchte nicht mit den Worten angesprochen werden: „Was hast du denn mit denen zu tun, dass eines von deinen Fotos bei denen auf der Webseite ist.

 

Sollte so wirklich das Internet funktionieren sollen, kann man nur dagegen sein.

 

Ich bin bereit zu geben, aber wenn jemand mein Foto weitergeben will, hat er zu fragen, ob er darf. Tut er es nicht, ist es eben nicht „ein Nehmen und Geben“, sondern es ist ein „gib mir das gefälligst“

 

Es wurde unterstellt, dass das Urheberrecht 99% der Webseiten weltweit die Grundlage entzieht.

 

Auch wurde unterstellt, dass auch auf meine Webseite Dinge stehen, die schon von anderen berichtet wurde.

 

Auch das sind zwei Punkte, die nicht so stehen gelassen werden dürfen.

 

  1. Dürfte es falsch sein, dass das Urheberrecht 99% der weltweiten Webseiten die Grundlage entzieht. Und um das zu verdeutlichen, kommt:

  2. In meiner Webseite stehen sicher schon Dinge, über die schon andere geschrieben haben. Aber das ist sogar in Doktorarbeiten erlaubt. Nur eben nicht, fremde Texte wortwörtlich, oder fremde Fotos zu kopieren.

 

Hier wurde also mal wieder eine (ich kann nur vermuten, bewusste) falsche Aussage getroffen, um ein (angebliches) Argument zu finden. Es darf eben nicht jedes Thema nur einmal erwähnt werden, wie hier suggeriert wurde.

 

Die weitere Diskussion lief im Grunde in der Richtung weiter, dass man es für absolut in Ordnung hielt, meinen Text 100% zu kopieren, meine Einwände als „übellaunig“ bezeichnete, und dass ich nicht einsah, dass mein Text, angeblich (zumindest am Anfang) fälschlicherweise von einem Anwalt geschrieben, nicht so stehen zu lassen ist, als „Zensur“ beschrie.

 

Man kam irgendwann auch noch auf das Ur-Thema zurück und verwies doch darauf, dass, wenn man, z. B. von einem Künstler Fotos seiner Werke, in einem Blog verbreitet, man ihm immerhin bekannt macht, es also eine Win-win-Situation ist.

 

Auch das mag – theoretisch richtig sein. Aber wer hat das Recht zu entscheiden, einem Künstler einfach eine Win-win-Situation aufs Auge zu drücken, ohne ihn zu fragen. Auch das ist, genauso wie ungefragt den Beschützer zu spielen, eine Einschränkung der persönlichen Freiheit, des Künstlers.

 

Außerdem, wie auch schon erwähnt, nicht jede Webseite, nicht jeder Blog ist seriös. Hat nicht ein Künstler das Recht zu entscheiden, ob er in der dem Dunstkreis von gewissen Webseiten und Blogs überhaupt mit seinen Bildern auftauchen will. So unseriös, wie einige Leute im Internet auftreten, sieht man eine Verbindung zu denen vielleicht eher als geschäftsschädigend an.

 

Man gab mir als „plastisches“ Beispiel von einem Blogger vor, dass ich es doch sicher auch toll finden würde, wenn der Blogger, meine Webseite auf seinen, gut besuchten Blog verlinke. Es also doch eine Win-win-Situation wäre, auch wenn man mich nicht vorher fragt, ob ich dieses wünsche, da immerhin mein Umsatz dadurch gesteigert werden würde.

 

Als ich genauso „plastisch“ darauf hinwies, dass ich genau das nicht wünschen würde, da ich doch vorher wissen möchte, was für ein Blog das ist, ob der Inhalt des Blogs überhaupt seriös ist, und selbst wenn er seriös ist, ob er überhaupt meine persönlichen Einstellungen widerspiegelt, war man beleidigt, stellte fest, dass man nicht mit mir kommunizieren wollte, und schloss mich aus dem Kreis aus. Es war für den Blogger schlichtweg nicht verständlich, dass ich mir das Recht herausnehmen würde, dass meine Werke nicht in Verbindung einer Webseite, die ich für unseriös halte, zu sehen sind. Es dreht sich eben nicht um Geld, um Umsatz, sondern damit, dass ich als Person nicht mit gewissen Dingen in Verbindung gebracht werden.

 

Im Übrigen kam kein einziges Mal eine Entschuldigung dafür, dass man meinen eigenen Text, unter anfänglicher falscher Quellenangabe, dazu benutzt hat, um einen Thread zu eröffnen, in dem klargestellt wird, dass unsereins keine Ahnung hat, wie das Internet funktioniert.

 

Nun – euch Schnöseln sei hiermit gesagt. Ihr versteht nicht, wie die Gesellschaft funktioniert. Eine Gesellschaft kann nur funktionieren, wenn es ein beidseitig gewünschtes und abgesprochene Nehmen und Geben ist – und eben nicht ein „gib mal gefälligst her“. Und eine Gesellschaft funktioniert eben nicht, wenn man sich als „Beschützer“ und „Künstlerbekanntmacher“ aufplustert, ohne zu wissen, ob dieses überhaupt gewünscht wird. Mit solchen Aktionen nimmt man nämlich dem andern, sei er nun „Künstler“ oder ein „angeblich zu Beschützender, das Recht auf eine eigene Entscheidung über sein Dasein.

 

Und eine Gesellschaft kann nur funktionieren, wenn man nicht alle, die eine andere Meinung haben, für dumm und nicht wissend erklärt. So etwas steht, mit noch etwas verschärften Begriffen, nur eine Diktatur zu.

 

Ich weiß, wie das Internet funktioniert. Und ich weiß, dass es nicht so funktionieren darf, wie Ihr es euch vorstellt.

 

Es kam auch noch kurz das Thema „fair-use-system“ zur Sprache. Aber selbst da wurden Behauptungen aufgestellt, was erlaubt ist, die eben nur die halbe Wahrheit darstellen.

 

Auch das zeigt, dass viele in diesem Land gar nicht für eine Diskussion darüber reif sind. Das „fair-use-system“ ist ein Kompromiss. Aber es wurde im Grunde aufgezeigt, was man auch unter dem System für sich „erlaubt“ findet. Im Grunde wurde ein Beispiel genannt, dass das „fair-use-system“ nur einen Kompromiss der Urheber fordert, aber man weiterhin seine Rechte sehr weit auslegt.

 

Dass es inzwischen Abmahnungen gibt, wenn Kinder im Zoo neben dem Affenkäfig fotografiert gibt, ist im Grunde kein Fehler des Urheberrechtes, sondern eine verbohrte Auslegung desselben.

 

 

Dass das Verhalten vieler Rechtsanwälte, schlichtweg rechtswidrig ist, da Anwälte keine „Verbrecherjäger“sein dürfen, steht auf einem ganz anderen Blatt. Aber es bleibt die Frage, warum laden Leute immer noch fremde Fotos hoch, wenn Sie wissen, dass es nicht legal ist. Ist es heutzutage üblich, Gesetze nur noch zu befolgen, wenn man sie persönlich für richtig hält, um sich dann zu beschewren, wenn man erwirscht wird, sollte man sie nicht befolgt haben? Kann so eine Gesellschaft funktionieren?

 

 

 

 

 

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